Soziale Bewegungen in Freiburg

Die GRÜNEN

Wie auch sonst in Deutschland sammelten die GRÜNEN in Freiburg die ermüdeten Reste aus den Bewegungen. In der Hoffnung auf eine Parteigründung erhielten sie Zulauf aus allen Gruppierungen und erbten deren interne Probleme. Statt eigener Aktivität, konnte Protest an die Partei delegiert werden Das soll hier nicht geschildert werden. Bei der Gemeinderatswahl 1980 gewannen sie vier Sitze in Freiburg. Bei der Kommunalwahl 2014 erhielten sie mit 24,3% der Stimmen 11 der 48 Sitze. Der grüne Dieter Salomon wurde 2002 zum Oberbürgermeister gewählt. 2018 scheiterte seine Wiederwahl vermutlich wegen des Klüngels, der sich um seine Person gebildet hatte.

Was haben die Bewegungen verändert?

Verändert haben die Bewegungen vor allem die Beteiligten. Das Bewusstsein, Verantwortung nicht zu delegieren, sondern selbst aktiv zu werden, trug ganz entscheidend zur Verwurzelung der Demokratie in Deutschland bei. Viele Beteiligte haben sich immer wieder neu engagiert. Klaus Theweleit im Kino Aspirin, dann im Kommunalen Kino und als Geschäftsführer des Buchladens Jos Fritz. Michel Moos beispielsweise erst im KBW, dann als Anwalt in RAF-Prozessen, jetzt als Gemeinderatsmitglied der Linken Liste. Maria Viethen erst als Hausbesetzerin, dann als Anwältin und Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt und jetzt als Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Gemeinderat. Es gibt sehr viele solcher Biographien.

Verändert haben die Bewegungen die Einstellungen zum Protest. „Protest ist machbar Frau Nachbar“ wurde zur allgemeinen Einstellung. Allerdings hat sich diese Protestform verselbständigt, die Legitimation des Protests mit Berufung auf das Gemeinwohl ist verschwunden. Angehörige der Bundestagsfraktion der Linken treten in einen Hungerstreik um gegen einen Steuerbescheid gegen ihre Einnahmen zu protestieren. Zahnärzte gehen gegen Kürzungen ihrer Bezüge durch die Krankenkassen auf die Straße, Wiehremer Bürger wollen mit Protesten erreichen, dass die Lastwagen für ihre Lebensmittelgeschäfte nicht an ihrem Haus vorbeifahren und der Recyclinghof aus ihrem Viertel verschwindet. Es wird versucht, völlig eigennützige Ziele  mit den Protestformen der Bewegungen durchzusetzen. Auf der anderen Seite ist die Öffentlichkeit toleranter geworden gegenüber Streiks der Lokomotivführer und Flugausfälle.

Verändert haben die Bewegungen das öffentliche Bewusstsein in zwei wichtigen Bereichen: der Benachteiligung von Frauen und den Folgen der Kernenergie und der Umweltzerstörung. Ohne die Protestbewegung gegen die Nuklearenergie und für die Bewahrung der Umwelt hätte Freiburg heute weniger Fahrradwege, weniger Straßenbahnen, weniger Solarenergie, weniger Naturkostläden, kein Vaubanviertel. Allerdings ist nicht alles den Bewegungen zuzurechnen, Unfälle wie Harrisburg 1980 und vor allem Tschernobyl 1986 können in ihrer Auswirkung kaum überschätzt werden.

Was ist geblieben?

Die Soziologen wissen, dass Bewegungen nach ihrer Mobilisierungsphase zu Institutionen werden oder ganz verschwinden. Freiburg macht da keine Ausnahme.
Aus der Frauenbewegung sind zahlreiche Beratungsstellen entstanden. Auf der Internetseite von „Frauenhorizonte e.V.“ in der Baslerstr. findet man alle Informationen. Die Aktivitäten zahlreicher „Dritte und Eine Weltgruppen“ in Freiburg stellen sich auf der Internetseite des „Eine Weltforums“ dar. Friedens -und Ökologieinitiativen, Greenpeace, NABU, BUND und VCD unterhalten Geschäftsstellen in Freiburg. Die größte Quellensammlung Deutschlands zur Geschichte der Sozialen Bewegungen befindet sich in Freiburg: Das „Archiv für soziale Bewegung“.
Auch in Freiburg entstanden „Alternativbetriebe“. (siehe Artikel Alternativbetriebe) Ihre Organisation orientierte sich an den älteren Genossenschaften. Wesentliche Merkmale waren: Gleichlohnprinzip statt Tariflöhnen, Keine Bezahlung nach tariflicher Leistung, sondern nach Arbeitszeit. Systematische Inanspruchnahme staatlicher Hilfe als Lohnersatz (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld), Vorsätzlicher Verzicht auf Alterssicherung. Statt gesetzlicher Mitbestimmung Mitentscheidung aller Betriebsangehörigen. Hintansetzung betrieblichen Erfordernisse gegenüber familiären und persönlichen Bedürfnissen der Belegschaften. Stark eingeschränkte Eigentumsrechte der Kapitalgeber. Diese Prinzipien wurden bis heute zum Teil erheblich den wirtschaftlichen Erfordernissen angepasst. Zurzeit gibt es keine sozialen Bewegungen. Der Protest wird organisiert, man kann sich bei Greenpeace als Schlauchbootfahrer oder Kampagnienleiter bewerben. Antiglobalisierungsinitiativen versuchen Bewegung zu werden, aber soziale Bewegungen entstehen unvorhergesehen und sind nicht planbar.